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Katholische Pfarrgemeinden bereiten Jörg Hagemann einen warmherzigen Empfang

Gänsehaut-Momente für den „Neuen“

Coesfeld

„Du hast gesagt, du kommst mit offenem Herzen nach Coesfeld. Wir stehen hier mit offenen Armen“, unterstrich Andre Nünning vom Kirchenvorstand von Anna Katharina. Pfarrer Johannes Hammans begrüßte seinen „Alt-Kaplan“ als neuen „charmanten Chef“. „Herzlich willkommen in Coesfeld“, rief ihm Bürgermeisterin Eliza Diekmann zu und betonte, dass er „als Privatperson in Coesfeld auch Mensch“ sein dürfe – vom Fittnessstudio bis zum Schützenverein. In einem fast zweieinhalbstündigen Gottesdienst bereiteten die drei Pfarrgemeinden, die evangelische Schwestergemeinde sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft dem neuen leitenden Pfarrer und Kreisdechanten Jörg Hagemann gestern Nachmittag einen warmen Empfang. Schon zu Beginn der Feier in der fast bis auf den letzten Platz gefüllten Lamberti-Kirche, die im Internet live gestreamt und in die benachbarte Evangelische Kirche übertragen wurde, gab es für Hagemann einen ersten Gänsehaut-Moment: Als Norbert Caßens aus Nottuln, Definitor im Dekanat Coesfeld, erzählte, dass die Gemeinden sich sehr auf ihn freuten, brandete spontan erster langanhaltender Beifall auf. Hagemann schluckte.

Von Detlef Scherle

Hoch die Hände, wer heute schon Kontakt mit Wasser hatte: Beim Taufgedächtnis bezog der neue leitende Pfarrer Jörg Hagemann auch die Kinder mit in den Gottesdienst ein. Foto: Fotos: ds

Caßens verlas die beiden Ernennungsurkunden und beglückwünschte Hagemann mit einer herzlichen Umarmung zur neuen Aufgabe. Gleichzeitig wurden auch alle Seelsorger als Teammitglieder im neuen pastoralen Raum bestellt, der das komplette Stadtgebiet inklusive Lette umfasst. Selbst alte Hasen konnten sich nicht erinnern, jemals so einen großen Einzug in die Lamberti-Kirche erlebt zu haben. 120 Personen, allein je 20 Messdiener aus den drei Gemeinden, aber auch Kirchenvorstände und Pfarreiräte waren dabei. Ein buntes Bild. Die, die nicht zu Lamberti gehörten, hatten Zeichen mitgebracht, um gleich deutlich zu machen, dass hier der neue Pfarrer aller Gemeinden eingeführt wird. So ging ein Kreuz aus Lette den Bannerabordnungen voran. Später trugen Kinder aus Anna Katharina ein selbst gestaltetes Evangeliar zum Altar. Ein vereinigter Jugendchor sang.

Kinder wurden wie selbstverständlich in den Gottesdienst einbezogen. Hagemann nahm sie mit zum Taufbecken. „Wer hatte heute schon mit Wasser zu tun?“ fragte er und die Hände schossen in die Höhe. Waschen, duschen, Zähneputzen... „Kaffee kochen“, nannte der „Neue“ seinen Favoriten. Die Kinder durften helfen, das Weihwasser nach vorne zu bringen und es den Besuchern zu reichen.

Hagemann, der symbolträchtig eine Stola mit Regenbogen trug, rief in seiner Predigt dazu auf, „sich einladen zu lassen von Gott, der so nah ist“. Er bezog sich auf drei verschiedene Bibelstellen, die eigentlich gar nicht zueinander passten und schlug damit den Bogen zu den den drei ganz unterschiedlich geprägten Gemeinden aus Coesfeld und Lette, die nun als neuer pastoraler Raum zusammenrücken und die gerade in ihrer Verschiedenheit eben doch zueinander gehörten. „Zusammen können wir wirklich etwas schaffen“, meinte er und ermunterte die drei Gemeinden „voranzugehen“: „Manchmal vielleicht schneller als das Bistum es will und auch manche Mitglieder in den Pfarreien“. Vieles, was ihm dabei wichtig ist, stellte er in aller Offenheit heraus: „Geschlechtergerechtigkeit leben“, „Macht teilen“, für eine Änderung der kirchlichen Sexualmoral kämpfen, „die nicht mehr in die Schlafzimmer schaut“. „Buntheit der Lebensentwürfe“ war ein weiterer Punkt: „Wir sind doch nicht alle gleich.“ Und da kam er dann, ein weiterer Gänsehaut-Moment, als nach der Predigt nochmal langanhaltender Beifall folgte. Die drei Gemeinden haben „Ja“ gesagt zum „Neuen“. „Es werden spannende Jahre werden“, prophezeite der, bevor die Anwesenden den Neuanfang bei Wein und leckerem Fingerfood in der Kirche feierten. Wegen des schlechten Wetters war man kurzentschlossen dort geblieben und nicht in den Pfarrgarten gewechselt. So muss der Walnussbaum, den Hagemann geschenkt bekam, auch noch auf seinen Pflanztermin warten.

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