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„Gelenkersatz und Knochenbrüche im fortgeschrittenen Alter“: Dr. Dirk Sven Jakob und Dr. Michael Gösling im Interview

Großer Fortschritt durch minimal invasive Technik

Coesfeld. Im Rahmen des Gesundheitsforums Coesfeld bietet die VHS im WBK Forum am Mittwoch (21.2.) um 19 Uhr einen Vortrag zum Thema „Gelenkersatz und Knochenbrüche im fortgeschrittenen Alter“? AZ-Redakteur Thomas Lanfer führte deshalb folgendes Interview mit den Referenten Dr. Dirk Sven Jakob, Chefarzt und Facharzt für Orthopädie, für Unfallchirugie, Rheumatologie, Sportmedizin und Chirotherapie und Dr. med. Michael Gösling, Facharzt für Innere Medizin, Geriatrie, Palliativmedizin, und Notfallmedizin an den Christophorus-Kliniken.

Allgemeine Zeitung

Foto: az

Herr Dr. Jakob, die Endoprothetik hat in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht. Was sind die Gründe für diese rasante Entwicklung?

Dr. Dirk Sven Jakob: Fortschritte sind vor allem im Bereich der Materialien zu verzeichnen. Die Prothesenschäfte der Hüfte, vor allem aber im Bereich der Schulter, werden immer kürzer und kleiner, so dass weniger Knochensubstanz entfernt werden muss. Ein großer Fortschritt ist zudem die Verwendung minimal invasiver Operationstechniken, das heißt muskelschonender Techniken.

Herr Dr. Gösling, der Ersatz der „großen“ Gelenke wie Hüfte oder Knie war bei älteren Menschen noch vor nicht allzu langer Zeit mit erheblichen Risiken verbunden. Welche waren dies und wie sehen Risikobewertung und Heilungsverlauf heute aus?

Dr. Michael Gösling: Dies hängt im Wesentlichen von den vorher bestehenden altersbedingten Einschränkungen beim einzelnen Patienten ab. So kann sich beispielsweise eine schon leicht eingeschränkte Hirnleistung im Zusammenhang mit einer Operation vorübergehend weiter verschlechtern. Das Gleiche gilt für vorbestehende Ernährungsschwierigkeiten mit dem Risiko, während der Krankenhausbehandlung weiter Gewicht und damit an Muskulatur zu verlieren. Wir untersuchen vor einem geplanten Gelenkersatz im hohen Alter immer altersmedizinisch die Selbsthilfefähigkeit, die Beweglichkeit und das Sturzrisiko sowie die Hirnleistung, Ernährungsrisiken und die häusliche Unterstützung.

Herr Dr. Gösling, viele ältere Patienten können sich nur schwer für eine Gelenkersatz-Operation entscheiden. Mit welchen Argumenten können Sie den Bedenken entgegentreten?

Dr. Michael Gösling: Wenn im Laufe eines langen Lebens die Gelenke immer mehr abnutzen, gelingt es ja oft noch über eine längere Zeit, die Beweglichkeit durch Schmerzlinderung und Übungsbehandlungen zu erhalten. Wird die Beweglichkeit aber trotz all dieser Maßnahmen kontinuierlich schlechter, bleibt zur Verbesserung oder zum Erhalt der Beweglichkeit oft nur der operative Gelenkersatz. Dann können wir vor einer eventuellen Operation in der altersmedizinischen Untersuchung klären, wie groß das Risiko für alterstypische Folgekomplikationen wirklich ist. Durch die altersmedizinische Mitbehandlung versuchen wir dann, die Belastung um die Operation so gering wie möglich zu halten.

Herr Dr. Jakob, welche Bedeutung haben verheilte Knochenbrüche generell in der Endoprothetik und besonders bei älteren Menschen?

Dr. Dirk Sven Jakob: Ein Problem stellt manchmal dar, dass man als Arzt dem älteren Patienten über 75 sagt, das Metall und der Nagel kann auch im Knochen verbleiben und müsse nicht entfernt werden. Kommt es dann zu einem erneuten Sturz oder zu der Entwicklung einer Arthrose in den angrenzenden Gelenken, können die Implantate stören und müssen entweder in gleicher Sitzung oder zweizeitig entfernt werden. Erst dann kann die Gelenkprothese eingesetzt werden. Des Weiteren führen einliegende Nägel zu einer Kraftübertragung und so zu einer Entlastung des Knochens, was zu einer zusätzlichen „Osteoporose“, das heißt Schwächung des umliegenden Knochens, führt. In solchen Fällen ist das Einsetzen von Gelenkprothesen zusätzlich erschwert.

Herr Dr. Gösling, welche spezifischen Bedingungen muss man bei Gelenkersatz-Operationen beachten und gibt es hierfür eine Alters-Obergrenze?

Dr. Michael Gösling: Eine echte Alters-Obergrenze gibt es bei Gelenkersatz-Operationen eigentlich nicht. Im sehr hohen Alter sind aber die alterstypischen Abbauprozesse z.B. der Hirnleistung oder auch des muskulären Bewegungsapparates oft schon so weit fortgeschritten, dass die Patienten nicht mehr von einem Gelenkersatz profitieren. Diese Abwägung treffen wir mit Patient und Angehörigen auf der Basis einer ausführlichen altersmedizinischen Untersuchung.

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