Prof. Dr. med. Lutz von Müller referiert am heutigen Mittwoch (16.3.) um 19 Uhr im WBK Forum
Problemkeime: Neu und resistent
Coesfeld. In der Tagespresse liest man oft Namen für so genannte Problemkeime wie „MRSA, MRE, MRGN, ESBL, VRE“. Woher kommen diese Keime und wie kann man sich schützen? Wie gelingt ein sicherer Umgang mit diesen Keimen im Krankenhaus und im häuslichen Bereich? Die Christophorus-Kliniken bieten in Zusammenarbeit mit der VHS im Rahmen des Gesundheitsforums zu diesem spannenden Thema einen Vortrag an, der am heutigen Mittwoch (16. 3.) um 19 Uhr im WBK Forum an der Osterwicker Straße stattfindet. Der Vortrag mit dem Titel „Problemkeime - kein Problem?“ kann den Teilnehmern einen Überblick über die sog. „Krankenhausinfektionen“ geben und ein Wegweiser für den rationalen Umgang mit Problemkeimen sein. Referent ist Prof. Dr. med. Lutz von Müller, Facharzt für Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie sowie Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Infektiologie und Pädiatrischer Infektiologe. Er ist seit einem Jahr Chefarzt des Instituts für Labormedizin, Mikrobiologie und Hygiene an den Christophorus-Kliniken und ein Kenner der Keimproblematik. AZ-Redaktionsmitglied Thomas Lanfer führte mit Prof. Dr. von Müller folgendes Interview.
Welche gemeinsamen Eigenschaften kennzeichnen die Krankheitserreger der Gruppe der so genannten „Problemkeime“?
Lutz von Müller: Die Problemkeime lassen sich in zwei große Gruppen einteilen. Die erste Gruppe besteht aus neuen und meist hochansteckenden Erregern, die sich innerhalb von kurzer Zeit weltweit ausbreiten können. Beispiele dafür sind neue Grippeviren, bekannt unter „Schweine-„ oder „ Vogelgrippe“ sowie die hämorragischen Fieberviren wie zum Beispiel Ebola. Die zweite Gruppe der Problemkeime sind Erreger mit vielfachen Resistenzen gegen Standardantibiotika.
Wo liegen die Ursachen der vermehrt beobachteten Entwicklungen von Resistenzen gegen Standard-Antibiotika?
Lutz von Müller: Die Ursachen liegen im vermehrten Einsatz von Antibiotika. Bei unkritischem Einsatz dieser wichtigen und häufig lebensrettenden Medikamente werden die empfindlichen Keime unserer normalen Flora abgetötet, während sich die resistenten Bakterien nahezu ungehemmt vermehren können. Dies ist die Grundlage für die Selektion resistenter Erreger. Diese Selektion findet sehr häufig bereits außerhalb des Krankenhauses statt, das heißt, ein Großteil der resistenten Erreger wird von zuhause in die Kliniken mitgebracht.
In unserem Nachbarland Niederlande ist die Problematik deutlich geringer ausgeprägt. Was machen die Niederländer anders und ist deren Strategie ein Vorbild für unser Gesundheitswesen?
Lutz von Müller: In den Niederlanden ist sehr früh das Thema „Problemkeime“ erkannt worden, so dass die Ausbreitung von einigen multiresistenten Keimen wie zum Beispiel MRSA frühzeitig erkannt und bekämpft werden konnte. Die Strategie „search and destroy“ bedeutet eine Kombination von Früherkennung und Sanierung der Träger. Für Erreger, die nicht so leicht saniert werden können, etwa multiresistente Darmbakterien, stehen die Holländer aber vor ähnlichen Herausforderungen wie wir. Grenzübergreifend haben wir uns im Rahmen eines Euregio Projekts mit den Fachleuten in Holland vernetzt, um voneinander zu lernen und gemeinsam die Ausbreitung multiresistenter Infektionen zu stoppen.
Tut der Gesetzgeber Ihrer Ansicht nach genug, um den redundanten Einsatz von Antibiotika z.B. in der Landwirtschaft zu begrenzen?
Lutz von Müller: Als Humanmediziner bin ich kein Spezialist für dieses Thema. Es ist aber klar, dass die Zeit eines ungerichteten Einsatzes dieser wichtigen Substanzen als sogenannte Mastbeschleuniger vorbei ist und dass auch in der Tiermedizin der Verbrauch von Antibiotika rückläufig ist.
Wieviele „Reserve“-Antibiotika gibt es und welche Entwicklungen zeichnen sich in der pharmazeutischen Forschung ab?
Lutz von Müller: Für die meisten Infektionskrankheiten gibt es nach wie vor wirksame Reserveantibiotika. Die Erfahrung der letzten Jahre hat uns aber gezeigt, dass Bakterien aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit Resistenzen gegen nahezu alle Antibiotika einschließlich der Reserveantibiotika entwickeln können und dass es in der Tat schon Patienten gibt, deren Infektionserreger nicht mehr ausreichend therapierbar sind. Das Fehlen neuer Substanzen, die diese Lücke schließen können, verursacht weltweit große Sorge. Nicht umsonst hat die Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) und auch die Gruppe der einflussreichen G7 Staaten einen Aktionsplan für den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen auf ihre Agenda gesetzt.
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