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Dr. Uwe Kalmus referiert zu Kopfschmerzen in jungen Jahren am Mittwoch (26. 10.) um 19 Uhr in der FBS

Schulstress ist häufig Auslöser

Coesfeld. Das „Gesundheitsforum Coesfeld“ ist ein Netzwerk aus Coesfelder Institutionen mit der Zielsetzung, breit gefächert über medizinische Themen zu informieren.

Allgemeine Zeitung

Dr. med. Uwe Kalmus referiert am Mittwoch im Gesundheitsforum Foto: az

Am Mittwoch (26. 10.) ab 19 Uhr geht es in der Familienbildungsstätte (FBS) am Marienring um Kopfschmerzen im Kindes- und Jugendalter, die immer häufiger auftreten. Welche Ursachen und Therapien gibt es? Was sind Warnsignale und wann sollte eine weitere Abklärung erfolgen? Diese und weitere Fragen werden von Dr. Uwe Kalmus, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin sowie Neuropädiatrie im Kinderzentrum Westmünsterland am Lambertiplatz 3 erläutert.

Die Veranstaltung ist kostenfrei, Anmeldungen unter Tel. 02541/94920 sind erwünscht. AZ-Redaktionsmitglied Thomas Lanfer führte mit Dr. Kalmus folgendes Interview.

Herr Dr. Kalmus, sind Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen ein relativ neues Phänomen und seit wann etwa treten derartige Krankheitsbilder verstärkt auf?

Dr. Uwe Kalmus: Kopfschmerzen hat es bei Kindern immer schon gegeben. In früheren Zeiten hat man diesem Thema allerdings nicht so hohe Aufmerksamkeit geschenkt. Dennoch gibt es in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme der Problematik. So gaben in einer finnischen Untersuchung 1974 14 Prozent, 1992 52 Prozent und 2002 63 Prozent der Erstklässler an, unter Kopfschmerzen zu leiden.

Bei Kindern und Jugendlichen fällt einem spontan die Generation mit bisweilen langandauernder Computer- und Handy-Nutzung sowie Schulstress ein. Gibt es einen wissenschaftlich belastbaren Zusammenhang zwischen diesen Faktoren und Kopfschmerzen?

Dr. Uwe Kalmus: In einem Mailänder Ranking unter Schulkindern führte Schulstress als Schmerztrigger mit 78 Prozent das Ranking an. Leistungsdruck, erschöpfende Leseaufgaben und Hausübungen, Prüfungen und Versagensängste erwiesen sich als die wesentlichen Elemente. Mit 68 Prozent wurde belastender Schlafmangel als Triggerfaktor angegeben. Dieser Schlafmangel ist oft ausgelöst durch nächtliches Fernsehen, Computerspielen oder Nutzen sozialer Netzwerke. Weitere Stressfaktoren als Schmerzauslöser waren familiäre Belastungen (25 Prozent), Reisen (20 Prozent) sowie Freizeitstress (20 Prozent). Computer- und Handynutzung ist eindeutig auch unter Freizeitstress einzuordnen und kann damit auch ein Trigger für Kopfschmerzen sein. In einer Untersuchung von 2009 gaben Kinder mit Kopfschmerzen einen deutlich höheren Medienkonsum an, als Kinder ohne Kopfschmerzen.

Welche Formen von Kopfschmerz unterscheidet die Medizin?

Dr. Uwe Kalmus: Die Medizin unterscheidet bis zu 200 Arten von Kopfschmerzen. Im Kindesalter spielen vor allem Spannungskopfschmerzen und Migräne eine Rolle.

Gibt es physiologische, genetische oder geschlechtsspezifische Dispositionen für das verstärkte Auftreten von Kopfschmerz bei Kindern und Jugendlichen?

Dr. Uwe Kalmus: Eine Studie von 2013 fand heraus, dass in Deutschland 8 Prozent der Jungen sowie 14 Prozent der Mädchen über zwölf Jahren an Migräne leiden. Mädchen sind häufiger betroffen, da Hormonschwankungen eine Migräneattacke auslösen können. Insgesamt geben 36 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer an, in den letzten sieben Tagen Kopfschmerzen gehabt zu haben. 30 Prozent der Frauen leiden in ihrem Leben unter einer Migräne. Die Neigung zur Migräne wird familiär vererbt.

Wie groß ist die Gefahr einer Chronifizierung von Kopfschmerz-Erkrankungen?

Dr. Uwe Kalmus: Von chronischem Kopfschmerz spricht man, wenn an 15 Tagen im Monat, über mehr als drei Monate Beschwerden auftreten. Die Gefahr ist dann am höchsten, wenn Beschwerden falsch gedeutet werden und damit Therapien nicht richtig greifen können. Wiederholte Schmerzepisoden und anhaltende schmerzauslösende Faktoren können zu einer Daueraktivierung von Schmerzzentren im Gehirn führen. Eine große Gefahr geht auch von unkontrollierter Selbstmedikation aus, da bei falschem und übermäßigem Gebrauch ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz entstehen kann.

Welche Therapieformen gibt es für die verschiedenen Krankheitsbilder?

Dr. Uwe Kalmus: Die Therapien sind zum Teil sehr unterschiedlich, je nach dem, um welche Art von Kopfschmerzen es sich handelt. Zunächst sollten auslösende Faktoren erkannt und beseitigt werden. Prophylaktisch sind nicht medikamentöse Therapien den Medikamenten vorzuziehen, wenn auch das nicht immer gelingt. Tägliche Entspannung, ausreichend Freizeit, großzügige sportliche Betätigung und ausreichendes Trinken reichen oft schon aus. Entspannungsübungen wie autogenes Training oder Muskelentspannung hilft vielen Kindern. In der Akuttherapie spielen Medikamente eine große Rolle. Diese sollten allerdings individuell angepasst werden.

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