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Kinderarzt Dr. Carl Fahr verabschiedet sich nach 30 Jahren aus seiner Praxis und erinnert sich an gute Zeiten

Kuckucksuhr und Hochzeitssuppe

Gescher. Die Kuckucksuhr ist legendär. Seit mehr als 25 Jahren fristet sie ihr munteres Dasein in der Kinderarztpraxis von Dr. Carl Fahr. Generationen von Kindern haben mit offenen Mündern vor dieser Uhr gestanden und gewartet, bis der Kuckuck herauslugt. Am 2. Januar hat Dr. Fahr endgültig und offiziell seine Praxis in jüngere Hände übergeben. Die Nachfolge des 64-Jährigen tritt Moneer Khail an, der sich die Aufgabe als Kinderarzt von Gescher mit Dr. Bärbel Voigt teilt. Und die Kuckucksuhr schlägt weiter...

Helene Wentker

„Rundherum zufrieden“ verabschiedet sich Dr. Carl Fahr in den Ruhestand – nach dreißig erfolgreichen Berufsjahren in der Glockenstadt, der der gebürtige Schwabe auch im Alter die Treue halten will. „Hier war immer so ein Heile-Welt-Gefühl“, sagt der Mediziner, den besondere Wege nach Gescher führten. Aufgewachsen in Stuttgart absolvierte Fahr sein Medizinstudium in Tübingen, bevor es ihn nach Wilhelmshaven zog. Ein Fleckchen Erde, an dem sich der Mann aus Baden Württemberg mit seinen Bergen immer „über die Weite des Himmels“ wunderte. Noch einmal führte ihn später sein Weg zurück; diesmal in die alte süddeutsche Heimat, wo Fahr auch seine Frau kennenlernte. 1977 wechselte er die Kinderklinik Wilhelmshaven, bis ihn eine Zeitungsanzeige im Juni 1983 nach Gescher lockte: Kinderarzt Dr. Puls musste sich aus familiären Gründen nach nur einem halben Jahr aus seiner neuen Praxis an der Katharinenstraße verabschieden. Bei leckerer Hochzeitssuppe bei Grimmelt wurden sich die Mediziner einig: Dr. Fahr entschied sich für einen Umzug ins Münsterland mit seiner Frau und den zwei Kindern – er hat diesen Schritt nie bereut. Allein der Kindergarten in Tungerloh-Capellen, den seine Kinder besuchten, „war ja ein Paradies da draußen“, meint er lächelnd. Kinderheilkunde, das sei ein schönes Metier, „weil die meisten wieder gesund werden“, sagt Dr. Fahr. So erinnert er sich an Generationen, an Kinder, die später mit ihren eigenen Kindern wiederkamen. Und manchmal habe er gedacht: „Der Kleine liegt da ja haargenauso wie damals sein Vater...“ Denn auch Bewegung und Haltung würden durchaus vererbt, weiß der Mediziner. Verändert hat sich im Laufe von drei Jahrzehnten so einiges. Waren es früher oft Masern oder Mumps, die Heerscharen von Kindern befielen, ließen sich diese Kinderkrankheiten durch Impfungen gut in den Griff bekommen. „Da haben die Gescheraner großartig mitgemacht“, lobt Dr. Fahr. Heute dagegen stünden oft psychosomatische Beschwerden im Vordergrund. Kopf- oder Bauchschmerzen, für die es keinen medizinischen Befund gebe. Doch Trennungen der Eltern belasteten oft die Kinder, meint Fahr. Die Familien seien kleiner geworden; (Groß)mütter berufstätig. Das sei heute anders als früher in der Großfamilie.

Auch tragische Erlebnisse musste der Kinderarzt in 30 Jahren verkraften: „Niemals werde ich die herzzerreißenden Schreie einer Mutter am Grab ihres tödlich verunglückten Kindes vergessen“, so der Kinderarzt.

Dankbar aber blicke er auf drei Jahrzehnte Praxisgeschichte, unterstützt von einem engagierten Team und von seiner Frau: „Sie hat stets für Harmonie und Ausgleich gesorgt. Denn die Kommunikation in einer Praxis ist ja das A und O.“

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