Fußball: Mike und Angelina Lerche schaffen mit der U 17 des SSV Rhade den Bundesliga-Aufstieg
Vater und Tochter sind erstklassig
Coesfeld. So richtig verpacken kann er es auch mit etwas Abstand noch nicht. Bundesligist – ein lange Zeit unwirkliches Gefühl, das nun aber unfassbar stolz macht. „Als wir nach der ewigen Warterei die Nachricht bekommen haben, war das echt bewegend“, gibt Mike Lerche zu. Der Coesfelder hat als Trainer der U 17-Fußballerinnen des SSV Rhade den Sprung in die höchste Spielklasse geschafft, und mit ihm auch seine Tochter Angelina und die Letteranerin Maike Sicking – sie sind einfach erstklassig!
Der Zeitraum bis zur Entscheidung zog sich wie ein Kaugummi. Wie diese im März plötzlich abgebrochene Saison gewertet wird, schien lange völlig unklar. „Von jetzt auf gleich war alles vorbei“, schüttelt Lerche den Kopf. „Das war auch für die Mädels schwer zu verpacken.“ Vor allem stellte sich die große Frage, wer nun aufsteigen darf in dieser Regionalliga West. Die U 16 des 1. FC Köln, die mit 37 Punkten Platz eins belegte? Oder doch der SSV Rhade, der es zwar „nur“ auf 34 Punkte gebracht hatte – allerdings bei drei Spielen weniger. „Bitter, dass wir so lange hingehalten wurden“, sagt der 43-Jährige.
Dann endlich bekamen sie in einer Telefonkonferenz die Entscheidung mitgeteilt: Auf der Grundlage der Quotientenregelung, bei der die erreichten Punkte durch die Anzahl der Spiele geteilt wird, klettert der SSV auf den ersten Platz! „Diese Wertung ist fair“, urteilt Lerche, der sich sehr über zahlreiche Gratulationen anderer Trainer gefreut hat. Auf ausschließlich sportlichem Sieg wäre es selbstverständlich noch schöner gewesen, aber dieser Aufstieg sei allemal der Lohn für eine richtig gute Saison: „Wir stehen zurecht da oben.“ Am meisten freue es ihn für Dieter Müssner, der schon seit Jahren in Rhade mit Herzblut für den Frauen- und Mädchenfußball arbeite.
Für Mike Lerche ist es die vorläufige Krönung seiner Arbeit als Jugendtrainer, in die er durch seine Töchter Mariella und Angelina gerutscht ist. Bei der DJK Coesfeld-VBRS ging es los – „da war er schon bei den Jungs mein Trainer“, erzählt Angelina mit Blick auf ihren Vater. Vier Spielzeiten hat die heute 14-Jährige mit den Jungs gekickt, dann wechselte sie in die U 12-Mädchenmannschaft der Eintrachtler. Von dort aus ging es mit dem Papa zur TSG Dülmen, anschließend nach Rhade in die U 15. Beim SSV spielte auch schon die ältere Tochter Mariella, die im vergangenen Winter zum Westfalenligisten VfL Billerbeck gewechselt ist.
Vier Jahre ist Mike Lerche nun schon in Rhade tätig. 2017 gelang der U 17 des SSV die Rückkehr in die Regionalliga. Dort folgten der Klassenerhalt mit Rang neun sowie Platz sechs in der Saison 2018/19 – und jetzt ging es nach ganz oben. „Offizielles Ziel war der Klassenerhalt“, lächelt der Trainer, der jeglichen Druck von der Mannschaft fernhalten wollte. „Innerlich war mir schon klar, dass es für ganz oben reichen könnte.“ Spätestens nach dem 3:1-Erfolg im Dezember gegen den direkten Konkurrenten 1. FC Köln reiften die Aufstiegsträume.
Und das vor allem mit Teamgeist. „Alle ziehen an einem Strang, auch die Eltern“, berichtet der 43-Jährige, der sich zum Beispiel auf die volle Unterstützung seiner Frau Jessica nicht nur in Sachen Catering verlassen kann. Im Laufe der Saison hat er schon sechs Spielerinnen aus dem Jahrgang 2005 ins kalte Wasser geworfen hat, die eigentlich noch U 15 spielen dürften – darunter auch seine Tochter Angelina, die bevorzugt in der Offensive aufläuft. Am 10. März gelang der 3:0-Heimsieg gegen die U 16 des Bundesligisten SGS Essen, dann war plötzlich Schluss. „Wir konnten uns nur noch mit Joggen fithalten, weil die Bolzplätze ja auch gesperrt waren“, zuckt die 14-Jährige mit den Schultern. Jetzt endlich wieder gegen den Ball treten, darauf brennen sie – „und darauf, dass wir uns alle wiedersehen.“
Pünktlich auf die Vorbereitung in das Abenteuer Bundesliga einsteigen zu können, das ist der Wunsch. Sechs Spielerinnen gehen hoch in die Frauenmannschaft, darunter Maike Sicking, einige neue Nachwuchskräfte kommen hinzu. Die Herausforderung nehmen sie an – die Gegner werden noch stärker, die Fahrten weiter. In der Bundesliga West/Südwest heißen die Gegner künftig Bayer Leverkusen oder Borussia Mönchengladbach, aber auch FC Speyer 09 oder 1. FC Saarbrücken.
Weite Touren, die eine Menge Logistik erforderlich machen. „Da werden wir wohl häufiger schon am Freitag nach der Schule starten und in der Jugendherberge übernachten, um am Samstag zu spielen“, blickt Mike Lerche voraus. Das ist auch gut für den Zusammenhalt – und auf den wird es vor allem ankommen, wenn sie die gewaltige Aufgabe Bundesliga meistern wollen.
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